Seit 08/11 bin ich nach 5-jähriger Ausbildung und Prüfung vor der Landestierärztekammer Thüringen berechtigt, die Zusatzbezeichnung Akupunktur zu führen.

Die TCM (Trad. chin. Medizin) die viele Behandlungsmöglichkeiten umfasst, hat mich bereits vor Beginn meines Studiums sehr fasziniert. Mir war klar, dass ich nach Ende meines Studiums diese Zusatzausbildung beginnen würde.
Nun behandele ich schon seit ca. 15 Jahren zusätzlich zur Schulmedizin meine Patienten mit Hilfe der Nadeln. Da man sich immer nur wieder wundern kann, was Akupunktur zu leisten vermag, möchte ich Ihnen diese Behandlungsmethode hier ein wenig näher bringen. Bei der klassischen Akupunktur werden Stahlnadeln in bestimmte Akupunkturpunkte, die auf bestimmten Meridianen liegen, gestochen.

Was passiert dabei im Körper?
Man versucht schon lange wissenschaftlich zu ergründen, was da eigentlich passiert, aber die ultimative Erklärung steht noch aus. Es gibt verschiedene Ansätze.
Eine gut nachvollziehbare Erklärung lautet: Man weiß heute, dass Akupunkturpunkte immer irgendwie in der Nähe von Nerven oder Nervenaustrittspunkten (zwischen Muskelsträngen, unter der Haut) liegen. Das bedeutet, wenn man eine Nadel in diesen Bereich sticht, wird auf den Nerv ein Reiz ausgeübt. Dieser Reiz wird über die Nervenbahnen an das Rückenmark geleitet und von dort zum Gehirn. (Manche Reize gehen sicher auch direkt zum Gehirn). Im Gehirn werden die Reize verarbeitet, neu umgeschaltet und wieder in den Körper und zu den Organen zurück geleitet, wo sie gebraucht werden. Das ist aber nur ein kleiner Teil der Wirkung, denn Akupunktur beschäftigt sich zum größten Teil mit dem Ausgleich von falsch verteilten Energiezuständen. Nur der Akupunkteur hat gelernt welche Energien er woher nehmen und wohin leiten kann. Diese Therapie funktioniert bereits seit 5000 Jahren und keiner weiß warum.

Das heißt, der Körper entscheidet, was er mit dem Reiz der Nadel anfangen will und kann. Diese Behandlung wirkt in manchen Fällen sofort. Bestimmte akute Erkrankungen kann ich damit sehr schnell angehen, denn bis die Medikamente wirken, dauert es oft einige Stunden. Die Akupunktur wirkt von der Reizverarbeitung her ja fast mit „Lichtgeschwindigkeit“. Ich sehr oft schon eine Verbesserung der Symptomatik (allerdings nicht bei jeder Erkrankung), wenn die Tiere die Praxis verlassen.

Wie finden Tiere es eigentlich, dass man ihnen Nadeln sticht?
Meine Erfahrung ist durchweg gut. Beim ersten Mal sind sie manchmal ein wenig misstrauisch, aber sie merken schnell, dass das alles ja gar nicht so schlimm ist. Tiere, die eine Dauerbehandlung haben müssen, lassen die Behandlung ohne Widerstand geschehen. Ich merke oft, dass chronisch kranke Tiere, zum Beispiel Schmerzpatienten, offensichtlich nach einiger Zeit den Zusammenhang zwischen Behandlung und Besserung ihrer Symptome herstellen können und gerne zur Behandlung kommen. Katzen sind ein bisschen kritischer aber auch sie lassen sich von Mal zu Mal leichter behandeln.

Es gibt Punkte von denen ich weiß, dass sie nicht so angenehm sind. In diesem Fall oder auch bei sehr misstrauischen Katzen nutze ich die Laserbehandlung.
Ich habe mehrere Laser, die mir eine unterschiedliche Anwendungszeit gestatten. Laser geht immer.

Die Behandlung mit dem Laser ist gut untersucht und wird auch bei Kindern angewandt, die sich ja oft nicht gerne Nadeln stechen lassen.
Der Laser arbeitet quasi wie die Nadel auch. Er bringt einen Energieimpuls an den Nerv oder einen Nervenustrittspunkt und die Reizweiterleitung funktioniert im Körper genau, wie bei der Nadel auch.

Trotzdem bevorzugen wir Akupunkteure natürlich die Nadeln, da durch den kleinen Schmerzreiz noch weitere Dinge im Körper geschehen wie z. B. die Ausschüttung von Endorphinen (körpereigene Schmerzmittel) und anderen Stoffen, die bei der Genesung förderlich sein können. (Für Interessierte – hier wird mit Hilfe des Schmerzreizes das sog. Gate-control-System aktiviert).

Was passiert nach der Behandlung?
Die Tiere werden oft sehr müde. Manche schlafen schon auf dem Behandlungstisch ein, manche im Auto, zuhause aber irgendwann in den allermeisten Fällen. Daran kann man sehen, dass die Alupunktur viel im Körper angestoßen hat und der Organismus durch viel „innere Arbeit“ erst einmal richtig erschöpft ist. Hurra, so soll es sein. Deswegen sollten die Tiere am Tag der Akupunktur auch geschont werden.

Welche Sorten der Akupunktur gibt es eigentlich?
Wir kennen die Körperakupunktur, dort werden nach bestimmten Kriterien Punkte ausgewählt, die heilen, sich gegenseitig unterstützen und verstärken und die die verschiedensten Dinge im Körper geschehen lassen. Wir haben ca. 2000 Punkte zur Verfügung und müssen in der langen Ausbildung lernen, wie die Punkte miteinander und auch alleine funktionieren.

In China dauert die Ausbildung 10 Jahre und das aus gutem Grund. Es ist ein riesengroßes Behandlungfeld. Auch wir hier im Westen müssen uns immer wieder fortbilden um dazu zu lernen und Gelerntes weiter zu verfestigen.
Bei einer dieser Fortbildungen, bin ich mit der Ohrakupunktur in Berührung gekommen.

Beim Menschen kann man sie für fast alles nutzen, beim Tier in erster Linie bei Schmerzen, die aus dem Bewegungsapparat kommen. Ich kann über die Ohrakupunktur sehr genau bestimmen, in welchem Gelenk das Problem liegt, falls man gerade kein Röntgenbild zur Verfügung hat oder ein Gelenk auch mal z.B. nicht geschwollen, akut schmerzempfindlich oder überwärmt ist, also keine direkten Krankheitszeichen zeigt. Diese Methode bringt einen dann schnell weiter. Auch die anschließende Behandlung ist sehr effektiv und kann bis zu 14 Tagen, ggf. auch länger ihre Wirkung zeigen.

Kopfakupunktur: Es gibt sehr viele Punkte am Kopf der Tiere, die wir einsetzen, allerdings ist die alleinige Kopfakupunktur eher ein Gebiet aus der Humanmedizin, genauso wie die Handakupunktur.
Der „verlängerte Arm“ der Akupunktur, also sozusagen „Akupunktur für Zuhause“ ist die chinesische Kräutertherapie. Diese wird in unseren Breiten gerne belächelt, jedoch zu Unrecht. Klar gibt es vieles, was nicht nötig tut. Man muß keine Tiger oder Gottesanbeterinnen ausrotten, um medizinisch etwas zu erreichen, aber viele Kräuterkombinationen haben ihren Weg in den Westen gefunden, weil sie wirklich wirksam sind und sie sind eine große Unterstützung bei der Therapie nach den Regeln der TCM.

In Europa bekommt man auch nur Kräuter die als wirksam bekannt sind und die auf Pestizide und andere Schadstoffe untersucht sind. Kräuter aus China sind extrem belastet durch die Umweltprobleme dort. Auch Stoffe, die von bedrohten Tierarten kommen, werden Sie im Westen nicht erhalten können. Dabei ist die Kräutertherapie jedoch sehr kompliziert und kann von Laien nicht verordnet werden. Falsch angewandt, kann sie richtig schaden.

Wie lange dauert eigentlich so eine Behandlung?
Mindestens 20 Minuten. Da die Tiere noch über funktionsfähige Hautmuskeln verfügen, erlebt man es oft, dass Nadeln vom Körper regelecht „festgehalten“ werden, bis sich der Muskeltonus wieder löst und die Nadel frei gibt.

Was bedeutet eigentlich „moxen“?
Mit Hilfe von Moxakraut oder einer Moxazigarre (beides besteht aus Beifußkraut) könnenn Akupunkturpunkte erwärmt werden. Dies verstärkt dien Wirkung der Behandlung, darf aber nicht bei jedem Tier angewendet werden. Man kann sogar eingebrachte Nadeln erhitzen, was von Tier oder Mensch merkwürdigerweise nicht wirklich wahrgenommen wird, auch wenn die Nadeln dabei so heiß werden, dass man sie kaum anfassen kann.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Akupunktur ein bisschen näher bringen. Bei weiteren Fragen, kontaktieren Sie mich, damit wir alles besprechen können.
Alles Gute für Sie und Ihre Fellnasen